
es war einmal eine junge königin mit einem großen königreich, über das sie wachte. eines tages blickte sie in einen spiegel und erkannte sich nicht mehr. sie war so tief entsetzt, daß sie sämtliche spiegel in ihrer burg zerschlagen ließ. menschen ließ sie nicht mehr hinein. durch die türen gab sie nur noch die nötigsten befehle, während sie sich eingeschlossen hielt. ihre einzige gesellschaft war ein stummer papagei. so fristete sie ihr dasein. im stillen dunkel gestaltete sie die räume ihres anwesens, die sie sich zusprach. sie ließ sich dann und wann von nah und fern stoffe, perlen, muscheln, hölzer, steine und aller arten allerlei bringen, um ihre zimmer bei kerzenschein einzurichten.
eines tages umhüllte sie eine schwere last. sie setzte sich in die mitte ihres größten teppichs und begann bitterlich zu weinen. der papagei setzte sich auf ihr knie und sie streichelte ihm liebevoll über sein buntes federkleid. „ich weiß nun nichts mehr mit mir anzufangen. ich habe diese räume so viele male versucht, zu meiner zufriedenheit zu gestalten, doch sehe ich keinen sinn mehr darin. ich kann keine schönheit aus ihnen hervorbringen, wo ich doch selbst nicht schön bin.“
zu ihrer tiefen bestürzung antwortete ihr der papagei: „schönheit. schönheit. schönheit.“, wiederholte er immer wieder, während er ihr in die augen blickte. der königin blieb der atem weg und es breitete sich ein schmerz in ihr aus, den sie nicht auszuhalten vermochte. sie stürzte zu einem fenster, öffnete es, ließ den papagei hinaus und brach zusammen.
so lag sie da, bis eine weiche mädchenstimme zu ihr drang. „meine königin, ich wurde geschickt, um nach ihnen zu schauen. seit vielen tagen hörten wir keinen ton von ihnen und seit drei tagen sitzt der papagei nun oben auf einer zinne.“ die königin war nicht in der lage zu antworten. auch war es ihr egal, daß das mädchen ihre räume betreten hatte. sie hörte schritte und die kleine begann die schweren vorhänge vor den fenstern zu öffnen. die königin schien zu schwach, um zu protestieren. die plötzliche helligkeit drang durch ihre augenlider und eigentümliche geräusche an ihre ohren. die schritte des mädchens kamen langsam auf sie zu und die königin spürte dann eine hand auf ihrer schulter.
nach einer weile sagte das mädchen eher zu sich selbst: „ich habe noch nirgends vergleichbare schönheit gesehen.“ die königin war irritiert und öffnete langsam die augen. und während sie sich an die lichtgeflutete umgebung gewöhnte, wusste sie zugleich nicht, ob sie ihren augen trauen durfte. sie musste in ihren räumen liegen, doch erkannte sie sie doch nicht wieder. von überall her erstrahlten farben, muster, formen, selbst klänge, mit denen der durch die fenster hineindrängende wind spielte. auch die gegenstände, die einzeln wenig prachtvoll erschienen, erstrahlten in komposition und harmonie. so lag sie nochmals eine weile da, atmend, überwältigt von dem, was sie sah.
„ich habe ihnen hier wasser hergestellt, meine königin.“ etwas in der stimme des mädchens erweckte eine sanfte kraft und demut in ihr. sie richtete sich langsam auf und schaute das mädchen an, die ihren blick ruhig erwiderte. „erschrickst du denn gar nicht bei meinem anblick?“ fragte die königin. „ich wusste nicht, dass ich mich hätte erschrecken sollen.“ sagte das mädchen und reichte ihr das wasser.
die aussage verwirrte sie, da ihr spiegelbild damals für sie doch so offensichtlich beängstigend war. sie war vielleicht im alter des mädchens gewesen und sie spürte nun, wie eine art neugier in ihrem nacken zu kitzeln begann. sie nahm das wasser und blickte in die spiegelung ihres gesichtes. es lag dort ohne schmerz, leicht wie eine Idee, in den sanften wellen.
sie atmete, trank, schaute das mädchen an und fragte dann: „begleitest du mich nach draußen, bitte?“
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